Die Salzburgerin traute ihren Augen nicht: Bei einem Ausflug in die Tiroler Berge wollte sie eigentlich die Traumaussicht von der Gondel genießen. Doch die Seilbahn wird auch immer wieder dazu genutzt um die Lebensmittel zu den Bergrestaurants zu transportieren. Als die Urlauberin die Ladung sah, verschlug es ihr den Atem und wohl auch den Appetit – und veranlasste sie zu einem Beschwerdebrief: „Wir konnten unseren Augen nicht trauen: Fleisch aus Australien – nicht zu glauben und zum Schämen.”
Auch Alfred Enthofer, Landwirtschaftsrat und Sprecher des Unabhängigen Bauernverbands in Tirol zeigt sich – ganz zurecht – empört und übt scharfe Kritik an der Politik. Denn seit langer Zeit lehnt die ÖVP-dominierte Wirtschaftskammer eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung ab. Die Grünen drängen darauf und selbst der Bauernbund plädiert immer öfter für die Herkunftskennzeichnung.
Die Politik ist gefordert
Dieser Vorfall ist die Spitze des Eisbergs in der langen Diskussion rund um die Herkunftskennzeichnung. Schon lange wird gefordert, dass alles, was auf den Tisch kommt, auch gekennzeichnet werden muss. Der Konsument will und soll wissen, woher die Lebensmittel kommen. Die türkis-grüne Regierung hat seinerzeit in ihrem Koalitionsprogramm die verpflichtende Herkunftsbezeichnung vereinbart – allerdings nur in der Gemeinschaftsverpflegung und bei verarbeiteten Lebensmitteln. Bei der Umsetzung hapert es nach wie vor. Diese soll jetzt, wenn man der Regierung glauben kann, bis Ende des Jahres realisiert werden.
Das große Problem bei der Geschichte: Die Herkunftsbezeichnung in der Gastronomie soll weiterhin freiwillig bleiben. Denn einige Wirte haben Vorbehalte gegen die Herkunftskennzeichnung, weil es – so sagen sie – zu wenig Angebot aus der heimischen Landwirtschaft gibt. Die Produktion müsse erst hochgefahren werden.
Verpflichtende Herkunftskennzeichnung
Dieses Argument hinkt natürlich an vielen Stellen, denn eine Kennzeichnung bedeutet ja nicht, dass die angebotenen Produkte ausschließlich aus Österreich kommen müssen. Eine Herkunftskennzeichnung zeigt ja lediglich, woher die Produkte kommen. Nicht zuletzt zeigen viele Daten, dass eine Eigenversorgung in Österreich in vielen Teilen schon gut möglich wäre. Doch ohne verpflichtender Herkunftskennzeichnung ist den Billigprodukten aus dem Ausland Tür und Tor geöffnet und so auch keine Bedarf die heimische Produktion hochzufahren.
Was bleibt übrig: Die Hoffnung – und vielleicht auch ein wenig Druck von Konsumentenseite. Zum Beispiel mit der Aktion „Frag deinen Wirt”, auf die kürzlich auch der Österreichischen Bauernbund hingewiesen hat. Fleisch & Co hat berichtet.
Die Herkunftskennzeichnung ist mittlerweile zum Regierungsdebakel mutiert und treibt eben solche Blüten, wie die zufällige Entdeckung in den Tiroler Bergen. Wobei es zu befürchten gilt, dass diese kein Einzelfall ist.